Restaurantkritik: Das Diekmann in Berlin

Diekmann in Berlin-Charlottenburg
Besuch vom 25. Januar 2015

Mitten in Berlin-Charlottenburg meint man, sich nicht in der deutschen Hauptstadt zu befinden, sondern vielmehr in einem schicken Pariser Arrondissement. Diekmann heißt das Juwel in der Meinekestraße, in dem ich nach der Ian McEwan-Lesung in den Berliner Festspielen zu Abend gegessen habe. Dass der britische Autor höchstpersönlich zu späterer Stunde am Nebentisch Platz nahm, war das i-Tüpfelchen eines sehr gelungenen Restaurantbesuchs.


Die Atmosphäre


Das Diekmann besticht durch französischen, detailverliebten Bistrocharme. Trotz eisiger Berliner Kälte sind vor dem Eingang zwei Bistrotische aufgebaut, auf denen Kerzen ein warmes Licht verströmen (und Raucher dem Laster frönen können). Die gediegene Gemütlichkeit setzt sich im Inneren des Bistros fort. Zwei liebevoll restaurierte Schränke einer Berliner Kolonialwarenhandlung setzen gelungene Akzente. Zwischen dem Mobiliar hängen puristisch-elegante Bilder aus Perlmutt – eine gelungene Mischung, die bewirkt, dass das kleine Restaurant trotz den klobigen Schränken nicht zu gedrungen und überladen wirkt.
Die interessante Atmosphäre spiegelt dabei die Geschichte des Bistros wieder: Josef Diekmann eröffnete in der Meinekestraße 7 in den frühen 1980ern einen kleinen Feinkostladen, in dem er Hauptsächlich Linsen und Reis verkaufte. 









Das Essen 


Heute gibt es im Diekmann mehr als Linsen und Reis. Neben einer kleinen Standardkarte serviert die Küche täglich wechselnde Bistrogerichte, die an einer Schiefertafel präsentiert werden und meist um die 15€ kosten. 
Die meisten Zutaten stammen von regionalen Bauern und Jägern in Brandenburg; die Austern aus der Bretagne oder Irland.
Vom Haus werden ein knuspriges Kümmel-Baguette und Knoblauch-Zitronen-Oliven (leider nicht fotografiert) gereicht. 

Als Hauptgang entschied ich mich für das gebratene Skreifilet auf einer Kartoffeltarte an Rote Beete. Der Fisch war perfekt zubereitet: außen leicht knusprig, innen glasig und saftig. Unter dem Skrei befand sich die Kartoffeltarte, die mich dank Butter und Muskatnuss an ein hervorragendes Gratin erinnerte. Weißwein und Kräuter (die einer „grünen” Soße?) waren die Hauptzutaten der schaumigen Begleitung, die sehr gut zu Fisch und Kartoffeln harmonierte. Die säuerliche eingelegte Rote Beete, die zu schmalen spaghettiartigen Fäden geschnitten wurde, lieferte einen sowohl optischen als auch geschmacklichen Kontrast. 
Achtung: Trinkt man zu diesem Gericht noch ein Glas perfekt temperierten Piquepoul, mag es sein, dass man dem Küchenchef einen Heiratsantrag machen möchte.


Skrei (Kabeljau) auf einer Kartoffeltarte an Rote Beete und Kräuterschaum




Zum Dessert wählte ich den Strudel vom Boskop-Apfel. Ein Apfelstrudel ist ja meist lecker, aber recht unprätentiös. Nicht aber die moderne Interpretation des Diekmann. Statt einem schweren Blätterteig werden die marinierten Äpfel und Rosinen hier von einem leichten Teig ummantelt, der einem Yufka- oder Filmteig nahekommt. Holunder, Minze und ein Parfait aus Rotwein-Pfeffer-Pistazie verwandeln den Klassiker in ein orientalisch angehauchtes Dessert. 



Dessert I: Strudel vom Boskop-Apfel mit Rosinen, Holunder
und Pistazien-Rotwein-Parfait

Dessert II: Créme Brûlée von der Haselnuss
mit Mango-Himbeer-Sorbet



Fazit: Hervorragende deutsch-französische Küche in gediegenem Bistrocharme, das alles unweit des Berliner Ku'damms bei moderaten Preisen. Wer dort beim nächsten Besuch in der Hauptstadt nicht speist, ist selbst dran schuld.





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